III. Freikirchliche Evangelische Gemeinde Soest (Baptisten) 1951 – 1974

Den Neubeginn der „Baptisten – Stationsgemeinde Soest“ beschreibt Hermann Steinborn, Kassierer, Protokollführer, auch Gemeindeleiter wie folgt ( Auszug im Original im Anhang):

Nach Gottes Zulassung fügte es sich, daß durch die Folgen des schrecklichen Krieges 1939-45 Geschwister aus den ausgeraubten Ostgebieten, wie Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen als Flüchtlinge und Vertriebene in Stadt und Kreis Soest einwanderten.

Weil hier am Ort keine baptistische Gruppe war, fanden die meisten Geschwister freundliche Aufnahme im Kreise der Versammlung, auch BfC. genannt. Genannte Gemeinschaft war auch damals dem Bund der Evangelisch Freikirchl. Gemeinden Baptisten angeschlossen. Einige Geschwister besuchten auch die Gottesdienste der hiesigen freien Gemeinde, deren Versammlungshaus aber durch Bombeneinwirkung zerstört war, und Mitglieder dieser Gemeinschaft sich behelfsmäßig in Wohnungen versammeln mußten.

Die B. f. C. (Bund freikirchlicher Christen, Christliche Versammlung, Brüdergemeinde) hatte aber eine schöne Baracke (Fam. Schenk), wo recht viel Platz vorhanden war. Nachdem die Versammlungsgeschwister im Jahre 1949 aus unserem Bunde austraten, uns zugezogenen Geschwistern aber weiterhin Gastrecht bei ihnen gewährten, beschlossen unsere Geschwister einmütig, uns der Baptisten-Gemeinde in Dortmund („Christuskirche“ Feldherrnstraße) anzuschließen, zumal auch Soest im Dortmunder Gemeindegebiet liegt, welches denn auch geschah, und die Gemeinde Dortmund uns auch aufnahm mit dem Versprechen, uns nach Möglichkeit zu betreuen.

 

Nun hatten unsere Geschwister den sehnlichen Wunsch, und es ist auch zu Gott darum gebeten worden, daß er uns die Möglichkeit schenken möchte, daß wir uns als Stationsgemeinde versammeln können. Die Raumfrage wurde akut und die Geschwister Brückner, Lüdtke, Steinborn, Schremmer und Strugalla kamen des öfteren zusammen zur Besprechung und zum Gebet in dieser Angelegenheit.

Endlich hatten wir Erfolg, denn nachdem durch einen Antrag beim Schulamt über Herrn Rektor Hannover um Überlassung eines Raumes gebeten wurde, erhielten wir den größten und schönsten Raum in der Thomä-Schule für unsere Versammlungen.

Im Jahre 1951 am 18. Februar vormittags 10 Uhr kamen wir erstmalig zu unserem Gottesdienst zusammen, der Besuch war recht gut, es waren 39 Personen anwesend.“ (Bericht über den ersten Gottesdienst im Anhang.)

Bei der Gründung als Station von Dortmund hatte die Gemeinde Soest 18 Mitglieder. Die protokollarischen Notizen von Hermann Steinborn geben ein lebendiges Bild der Arbeit in der Gemeinde. Es geht um die Organisation der Predigtdienste, Taufen, Taufgespräche, Wiederaufnahmen, um Freunde der Gemeinde, Evangelisationen und um sorgfältige Statistiken der sonntäglichen Gottesdienstbesucher. Die jährlichen Einnahmen aus Spenden lagen durchschnittlich bei 2000 DM. Eines wird deutlich, die kleine Gemeinde wäre ohne Hilfe von außen, besonders aus der Gemeinde Dortmund kaum lebendig geblieben. Über die Jahre tauchen die folgenden Namen auf: an erster Stelle Hermann Geil, Urboneit, Osthoff, Siebert, Hergt, Brunst, Zieger, Gromberg u. a. , darunter die Brüder Gebauer und Altrock aus Unna bzw. Kamen.

Gustav Lütke, ein Flüchtling aus Pommern, war der Leiter der Station und im Vorstand der Gemeinde Dortmund ‚Christuskirche’. In diesen Jahren leitete er alle vierzehn Tage die Gottesdienste in der Thomä-Schule. Innerhalb von drei Jahren wuchs die Gemeinde auf 55 Mitglieder . Taufen fanden in Dortmund, Hamm, Heeren und Münster statt.

Eine Vereinigungskonferenz in Grundschöttel leitete eine neue Entwicklung in der Gemeinde Soest ein. Am 3. Oktober 1954 konstituierten sich die Stationen Soest, Lippstadt, Iserlohn und Kamen zu einem Gemeindeverband. Unter dem Vorsitz des damaligen Vereinigungsleiters Hermann Geil trafen sich in Dortmund, Feldherrnstraße 11, die Vertreter der Stationen. Sie gründen eine neue Gemeinde. Den Vorstand dieser Gemeinde bilden die Stationsleiter Lütke, Soest, Altrock, Kamen, Jakob Strauß, Iserlohn und Körner, Lippstadt. Dem Vorstand gehört der jeweilige Vereinigungsleiter der Vereinigung Westfalen an sowie ein weiterer Vertreter der Vereinigung und deren Kassierer: Die Leitung der Gemeinde bleibt bei der Vereinigung. Sie allein beruft auch den Gesamtvorstand ein.

Der nächste wichtige Schritt war die Berufung Heinrich Hellwigs vom Seminar in Hamburg-Horn zum Prediger dieser weitauseinander gezogenen Gemeinde. Sein Gehalt wird aufgebracht durch die Beiträge der Mitgliedsgemeinden und einem Zuschuß der Vereinigungskassen. Heinrich Hellwig tritt seinen Dienst am 1. September 1954 an. Er wohnt in Kamen.

Am 5, Dezember 1954 feierte die Gemeinde Soest ihre Gründung mit einem Festtag. Die Predigt hielt Prediger Saffran aus Grundschöttel. Die Mittagspause und das Mittagsessen fanden im Saal der Freien Ev. Gemeinde in Soest statt.

In dem Bericht des Gemeindeleiters Lütke heißt es zum Gründungstag der Gemeinde: “Mit Fahrzeugen und der Bahn kamen viele Geschwister nach Soest. Wie vertraut klang da das Eingangslied ‚Nach Zions Hügel zieht’s mich hin!’ Anstelle des erkrankten – nun gottlob wieder genesenen- Predigers Br. Hermann Geil hielt Prediger Br. May Saffran die Festpredigt und leitete das sich anschließende Herrenmahl. Nach Markus 1 wies Br. Saffran der jüngsten Gemeinde Westfalens als Anfang die grundsätzliche Richtung….. Das echt baptistische Liebesmahl , wie wir es von früher aus unserer alten Gemeinde her kannten, ließ uns Verpflichtung und Gelöbnis für dieses neue Gemeindegebiet so recht im Glaubensblick erkennen und als Aufgabe ins Herz senken. „Ein Tag in Deinen Vorhöfen ist besser, als sonst tausend“.

Die Protokolle Hermann Steinborns und Schremmers seit Juli 1957, die die Zeit Heinrich Hellwigs umfassen, zeichnen ein reges Gemeindeleben in dem weit verzweigten Gemeindegebiet. Prediger Hellwig besuchte die Mitglieder zwischen Lippstadt, Warstein, Welver und Menden, meistens begleitet von Emma Miksa, die Land und Leute kannte. Es ist von Grundstückskauf und Bauplänen die Rede. Die Vereinigungsgemeinden werden angeschrieben, und 1900 DM gehen 1957 als Spenden für das Vorhaben ein. Gustav Lütke soll im Auftrag der Vereinigung die Möglichkeiten zur Errichtung eines Altenheims mit Versammlungsraum prüfen. Denn inzwischen ist die Thomä-Schule kein garantierter Versammlungsraum mehr. Die Brunsteinkapelle ist seit 1959 als neuer Versammlungsraum im Gespräch. Die Gemeinde zählt zu dieser Zeit 60 Mitglieder. Am 24. April 1960 wird Hannelore Lütke als Missionarin nach Korea ausgesandt.

Im Juli 1960 verläßt Heinrich Hellwig die Gemeinde und nimmt den Ruf der Gemeinde Lünen an. Prediger Jarchow übernimmt als achtzigjähriger den Predigtdienst. Am 20, Dezember stirbt er auf dem Heimweg von der Kinderarbeit in Lippstadt nach Soest. Die Gemeinde ist wieder ohne Prediger.

Nach einer Vereinbarung zwischen Martin Gebauer und Bruder Luckey vom Seminar in Hamburg, wird der Seminarist Hans Blau zum Feriendienst im Frühjahr 1961 nach Soest – Kamen – Lippstadt eingeladen.

In der Gemeindestunde am 7. Mai 1961 wird Hans Blau zum Prediger gewählt. Am 10. September wird Hans Blau von Prediger Elzholz, Hagen, in Soest eingeführt.

Am 15. Oktober 1961 kann die Gemeinde die renovierte Brunsteinkapelle in der Schonkindstraße als neuen Versammlungsraum einweihen. Pastor Boness, Pfarrer der Reformierten Gemeinde in Soest schickt ein Grußwort im Namen der Petri-Kirche, von der mit seiner Hilfe sie gemietet werden konnte. (Sein Brief findet sich im Anhang.)

1963 schlossen sich die Mitglieder in Lippstadt der Gemeinde in Gütersloh an. Die Gemeinde Iserlohn hatte sich schon 1957 der Gemeinde Hagen angeschlossen.

Am 28. November 1964 schlossen sich die Geschwister der Gemeinde Arnsberg-Niedereimer der Soester Gemeinde an. Seit 1951 waren sie mit der Gemeinde Hamm verbunden. Nach dem Krieg hatte sich um die Familie Wolfgang Ber eine lebendige, junge Gemeinde gebildet. Sie hatte ihr Zentrum im Hause Ber, Schürholzstraße in Niedereimer. Die Anfänge dieser Gemeinde lesen sich, wie folgt, in den Worten des Schriftführers Reinhold Burau aus dem Jahr 1953:

„Aus der Baptistengemeinde Freiberg, Station Waldenburg, Schlesien, kamen nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 die Familien Ber und Süßenbach nach Arnsberg. Bruder Ber kehrte im Dezember aus russischer Gefangenschaft zur Familie zurück. Bruder Willi Süßenbach kehrte ebenfalls aus russischer Gefangenschaft im August 1947 heim. Bruder Reinhold Burau kam aus der Baptistengemeinde Dirschau – Schönbeck, Westpreußen, im Juli1947 aus russischer und polnischer Gefangenschaft zurück.

Genannte Familien schlossen sich der früheren B.f.C Gemeinde in Arnsberg, Bahnhofstraße, an. Im Februar 1950 trennten sich die Geschwister von der B.f.C. Gemeinde, insgesamt 10 Mitglieder. Die Gottesdienste wurden fast ausschließlich bei Geschwister Ber abgehalten, deren Leiter und Prediger Wolfgang Ber ist. Bruder Süßenbach, der auch in Waldenburg den Gemeindechor leitete, versieht auch hier diesen Dienst.

Bruder Reinhold Burau nahm sich der Gemeindekasse an, der Zeitschriften und der Sonntagsschule im ‚Alten Feld’ in Arnsberg. Die Gemeindejugend leitete Bruder Wolfgang Ber, später Peter Süßenbach. Die Sonntagsschule in Niedereimer leitete ebenfalls Bruder Ber, später Schwester Eva Süßenbach, nach deren Fortzug Schwester Christa Ber. Auf Antrag der Brüder haben wir uns im Herbst 1951 der Gemeinde in Hamm angeschlossen (23 Glieder),“

Mit Wolfgang Ber wird der Gemeinde Soest 1964 ein Seelsorger und unermüdlicher Arbeiter im Reich Gottes geschenkt. Sein Tätigkeitsfeld reicht weit in das Sauerland hinein (Meschede, Sundern u. a.).

Anfang 1966 beschließt die Vereinigung Westfalen, eine Neulandmissionsgemeinde zu gründen. Aus der Gemeinde Soest – Arnsberg - Kamen werden zwei Gemeinden: Soest-Arnsberg und Heeren-Kamen. Jede dieser Gemeinden beschließt, einen eigenen Prediger zu berufen.

Nachdem Prediger Hans Blau einen Ruf in die Gemeinde Bochum angenommen hatte, schickt die Vereinigung Westfalen Prediger Alfred Peitz zum

1. Januar 1966 in die Neulandsmissionsgemeinde Soest-Arnsberg. Am Karfreitag 1966 beginnt Alfred Peitz seinen Dienst. Die Gemeinde mietet und renoviert auf Bundesnamen eine Etage in der Brüderstraße 31, die sie zu einer Predigerwohnung mit Arbeitszimmer, Gruppenraum und Teeküche ausbaut. Bruder Steinborn überträgt aus Altersgründen dem Prediger die Aufgaben der Gemeindeleitung. 1968 folgt Alfred Peitz dem Ruf der Gemeinde Kiel.

Durch Kontakte über Bruder Thaut, Hamburg findet Prediger Hellmut Kissel den Weg in die Gemeinde Soest. 1976 zieht er mit seiner Familie in die Gemeinde Fulda.

In dieser Zeit müssen die Gemeinderäume in der Brüderstraße laut Mietvertrag dem Vermieter zur Nutzung überlassen werden.

Am 29. August 1971 hat die Gemeinde Soest-Arnsberg mit einer 2/3 Mehrheit beschlossen, dass die Taufe nicht in jedem Einzelfall die Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Gemeinde Soest ist. Im Einzelfall jemand auf Grund seines Bekenntnisses zu Jesus Christus vor der Gemeindeversammlung in die Gemeinde aufgenommen.

Im Dezember 1971 bahnte sich in den gemeinsamen Gemeindestunden der Freien Evangelischen Gemeinde (Prediger Jablonski) und der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde (Prediger Kissel) eine gemeinsame Gemeindearbeit an. Es finden im Frühjahr 1972 schon Gespräche über den Zusammenschluss beider Soester Gemeinden statt. Es soll eine Gemeinde entstehen, die beiden Gemeindebünden (dem Bund Freier Evangelischer Gemeinden und dem Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden) angehört.

Am 5. Mai 1974 wird der Zusammenschluss der beiden Gemeinden feierlich begangen.

Die Gottesdienste finden im Winterhalbjahr in den Gemeinderäumen der früheren Freien Evangelischen Gemeinde in der Widumgasse statt, im Sommerhalbjahr in der Brunsteinkapelle. Am 28./29. September 1974 wird die neue Gemeinde auch in den Bund Freier Evangelischer Gemeinden in Deutschland aufgenommen, somit ist die Gemeinde Soest Mitglied in beiden Bünden. Die Gründung der neuen Gemeinde ist damit abgeschlossen.

Der Name der neuen Gemeinde ist Freikirchliche Evangelische Gemeinde Soest .