Monatsandacht Februar 2022

Zürnt ihr, so sündigt nicht;
lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Eph 4,26 (Luther)


Paulus widerspricht Jesus?

Voller Lebensweisheit?

Dieser Vers aus dem Epheserbrief ist auf den ersten Blick ja voller Lebensweisheit. Der Zorn, die Wut wird uns zugestanden. Es ist ja menschlich, dass wir mal wütend sind oder zornig auf einen Menschen, der uns verletzt hat.
Die Gefühle sind okay, nur sie dürfen nicht zu Taten werden. Also aus meiner Wut heraus darf ich nicht einen anderen verletzen, oder sonst etwas machen, was schlechte Folgen hat. Und es tut einfach gut, wenn man sich vor dem
Abend wieder versöhnt, denn dann schläft man besser.

Paulus oder Jesus?

Doch ist diese Auslegung richtig? Hatte Jesus nicht etwas anderes gesagt? In der Bergpredigt heißt es: "Ich sage euch aber: Schon wer auf seinen Bruder oder seine Schwester wütend ist, gehört vor Gericht." (Mt 5, 22a (Basisbibel,
auch folgende)) Jesus scheint eine andere Einstellung zum Zorn zu haben. Für Jesus ist Wut eben nicht ein hinzunehmendes Gefühl. Jesus toleriert Zorn nicht. Jesus ist radikaler: Er fordert uns heraus, unsere Gefühle neu zu lernen.
Wut und Zorn sollen erst gar nicht entstehen. Also wer hat recht? Paulus oder Jesus?

Ein zweiter Blick: Zorn, Wut? Okay oder nicht?

Ich denke, wir müssen noch einmal genauer bei Paulus nachschauen. Hatte er das wirklich so gemeint? Das Wut okay ist, nur Äußerungen der Wut nicht? Der griechische Text hilft uns nicht wirklich weiter, ganz wörtlich steht dort: "Zürnet, nicht sündigen." Doch wenn wir etwas weiter lesen, dann steht in Vers 31: "Alle Erbitterung, Wut, Zorn, lautstarke Auseinandersetzungen und Verleumdungen sollen bei euch keinen Platz haben. Das gilt erst recht für alle Bosheit." Hier sagt Paulus selber, dass der Zorn nicht zu uns gehört. Wut soll weit weg von uns sein und erst gar nicht in uns entstehen!

Auch der zweite Teil des Verses 26 legt das nahe. Es ist ja kein Zugeständnis sondern ein Gebot. Es wird nicht erlaubt, wenigstens bis zum Abend wütend zu sein oder auch nur eine Zeitlang im Zorn zu verharren. Ich verstehe diesen Teil des Verses so, dass man so schnell wie möglich seinen Zorn wieder los werden soll. Das wird auch unterstützt durch Vers 27, also direkt im Anschluss: "Gebt dem Teufel keinen Raum zum Wirken!" ...auch nicht den kleinsten. Wut könnte zu so einem Raum werden. Also sind sich Jesus und Paulus einig, es geht nicht nur darum, aus Wut etwas falsch zu machen, sondern Wut gar nicht erst entstehen zu lassen! Puh, das ist eine Herausforderung!

Große Herausforderung!

Wie kann das denn funktionieren? Es gibt Situationen, in denen werde ich wütend. Und mich verletzen Menschen und ich werde zornig. Da kann ich doch gar nichts dran ändern! Wirklich nicht? Ich habe einmal von einem sehr
jähzornigen Menschen gehört. Der gehörte zur Gemeinde, war sogar zeitweilig Gemeindeleiter! Er und noch mehr seine Familie litt unter seinem Zorn. Es hat Jahre gedauert, er ließ sich von seinem Pastor begleiten, er betete, er lernte
meditieren. Und mit der Zeit lernte er, weniger Wut zu entwickeln. Paulus beschreibt es direkt vor unserer Monatsspruch so (Eph 4, 22-24): "22 Deshalb sollt ihr den alten Menschen ablegen, denn er entspricht der früheren
Lebensweise. Er wird sich zugrunde richten durch seine trügerischen Begierden. 23 Lasst euch dadurch erneuern, dass Gottes Geist in eurem Verstand wirkt. 24 Und zieht den neuen Menschen an wie ein neues Gewand. Denn er ist nach Gottes Bild geschaffen und dadurch fähig zu wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit." Dazu zum Abschluss drei Fragen:

  • An welchen Stellen in meinem Leben erkenne ich Verhaltensweisen, die nicht dem neuen Menschen entsprechen, der nach Gottes Bild erschaffen ist?
  • Was tue ich, damit ich den alten Menschen ablege und mich erneuern lasse durch Gottes Geist?
  • Wie kann ich den neuen Menschen anziehen? Was kann ich da konkret tun?

Heddo Knieper