Monatsandacht Dezember 2020

 

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!
Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Jes 58,7 (L)

 

Ohne Lametta, gerade jetzt?

Das ist ja wohl so gar kein Weihnachtsspruch: ganz ohne Licht und ohne Lametta, ohne Kind, ohne Frieden, ohne Familie. Schrecklich! Eigentlich ist der Dezember doch ein schöner, meist friedlicher Monat, mal abgesehen von dem üblichen Weihnachtsstress. Und gerade in diesem Jahr, im Angesicht der Corona-Krise, da sehnen wir uns nach mehr Ruhe und Frieden. Da sollen die Adventskerzen brennen, die Kekse schmecken, der Früchtetee uns wärmen. Und wir wollen sie gerne wieder hören, diese wunderbare, alte und bekannte Geschichte, gerade jetzt: Der liebende und allmächtige Gott kommt zu uns als ein Kind, in unsere manchmal dunkle Welt. Diese Geschichte soll uns in diesem Jahr durch die besonders kalte Zeit tragen. Doch leider gibt unser Vers dafür wenig her.

 

Und nun auch noch politisch?!

Ja, auch ich hätte mir einen anderen Vers gewünscht. Im Grunde genommen ist es ja ein politischer Vers! Es geht das menschliche Zusammenleben. Die, die es nicht geschafft haben, die nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, die verarmt, hungrig und obdachlos sind, diese Menschen kommen in den Blick. Die sollen versorgt werden. Und das ist eine Aufgabe an die menschliche Gemeinschaft, an die Gesellschaft heute. An den Staat?

Oder doch ein persönlicher Vers? Über den Ursprung

In was für eine Situation wurde es vom Prophet ursprünglich gesagt?

Das Volk hatte zu Gott geklagt: "Gott, wir haben das Gefühl, dass du nicht mehr antwortest. Siehst du denn nicht, dass wir Beten und Fasten, aber du reagierst nicht. Manchmal zweifeln wir, ob es dich überhaupt gibt!" Der Prophet antwortete im Namen Gottes: "Ja, ihr betet und fastet, das sehe ich wohl! Doch gleichzeitig streitet ihr euch und kümmert euch nicht um die Schwachen. Wirkliches Fasten bedeutet aufeinander zu achten, besonders auf die Benachteiligten. Denen Gutes tun, Barmherzigkeit üben, das ist ein Beten, das Gott bewegt."

Unsere Gottesbeziehung hängt also auch von unserem Handeln ab! Sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen, stärkt meinen Glauben ... und unsere Gemeinde! Ich denke, dass das zusammengehört: mein Glaube, meine persönliche Gottesbeziehung und unsere Gemeinde, der Ort, an dem dein Glaube gefördert wird und an dem du deine Gaben einbringen kannst (solltest?).

Nun wird es doch sehr persönlich!

Wenn wir uns nun noch einmal den Vers genauer anschauen, dann geht es um Nähe: Es ist dein Brot, das du teilen sollst, du sollst den Obdachlosen in "ein Haus" bringen. Es steht zwar nicht ausdrücklich "in dein Haus" da, das scheint aber nahe liegend zu sein. Und den Nackten, den siehst du selber, du ziehst ihn wieder an. So heißt es dann auch am Ende: Entziehe dich nicht deinem Nächsten, deinem Mitmenschen. Bleib in seiner Nähe, schau hin, rede und höre und nehme seine Bedürfnisse war.

Persönlich politisch?

Alle diese sozialen Aufgaben (Lebensmittel, Unterkunft, Kleidung, Versorgung) haben wir doch zum großen Teil an den Staat abgegeben. Das überlassen wir den Profis. Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft und sozial heißt eben auch, dass sich um die Benachteiligten gekümmert wird. Der Hungrige kann zur Suppenküche gehen, oder die Tafeln aufsuchen, der Obdachlose hat sein Heim, seine Unterkunft, die Nackten können in die Kleiderkammern gehen, dort gibt es genug zum Anziehen. Über allem steht das Sozialamt, das ist gut, meistens.
Und wir? Entziehen wir uns unseren Mitmenschen?
Dieser Vers erinnert uns daran, dass du und ich, die wir uns Christen nennen, die wir unser Leben an der Bibel orientieren wollen, von Gott einen einfachen, klaren und deutlichen Auftrag bekommen haben: Liebe deine Mitmenschen! Und das geht nur, wenn wir an denen dran sind! Wir können dankbar sein, dass wir in einem Staat leben, der sich ebenfalls um die Benachteiligten kümmert. Doch das nimmt uns nicht aus der Pflicht, auch persönlich, mit menschlicher Nähe zu unsrem Mitmenschen zu gehen. Dort zu hören und zu sehen, mein Brot zu teilen und entsprechend der Situation Hilfe zu suchen. Das ist nicht schwer.
Gott hat es ja nicht anderes gemacht: Er wurde Mensch und kam als Mensch zu uns. Auch Gott selber hat unsere Nähe gesucht. "Mach es wie Gott: Werde Mensch!"

Heddo Knieper